Über den Maloja geht`s ins Bergell

ST. MORTZ - MALOJA - PROMONTOGNO - CHIAVENNA (I)

Die Fahrgäste der Bergell Linie erwartet eine äusserst abwechslungsreiche Reise nach Italien. Zuerst tuckert das PostAuto an den drei wunderschönen Oberengadiner Seen entlang bis nach Maloja. Da wird die kurvenreiche Talfahrt ins Bergell in Angriff genommen. 17 Haarnadelkurven später führt die Reise durch die engen Dorfkerne des Bündner Südtals. Schliesslich trifft man nach gut 1 1/2 Sunden Fahrzeit im wunderschönen Chiavenna ein.

Das PostAuto der Linie 4 wartet in St.Moritz auf die Fahrgäste
Das PostAuto der Linie 4 wartet in St.Moritz auf die Fahrgäste

90.604, St.Moritz - Maloja - Promontogno - Chiavenna (I)

Die PostAuto AG betreibt heute nur noch ein kleines Netz rund um St. Moritz. Wichtigste Linie ist jene mit der Nummer 4. Auf der äusserst sehenswerten Linie über den Malojapass hinunter durchs Bergell bis ins italienische Chiavenna wird der Stundentakt angeboten. Dazu kommen Verdichtungskurse bis Maloja oder gar bis nach Promontogno. Zum Einsatz kommen in der Regel Low-Entry Fahrzeuge aus dem Hause Mercedes. Gelegentlich wird aber auch mit hochflurigen Bussen gefahren, insbesondere auf dem Palm Express Kurs St. Moritz-Lugano (90.631).

Das PostAuto hat den Bahnhof hintersich gelassen und fährt nach St.Moritz Bad
Das PostAuto hat den Bahnhof hintersich gelassen und fährt nach St.Moritz Bad

Sobald der Anschluss von der Rhätischen Bahn aus dem Unterengadin (960), Chur oder Landquart (910) abgenommen wurde, kann die Reise beginnen. So lässt das Fahrzeug der Post den grossen Kopfbahnhof hinter sich und biegt auf die Hauptstrasse ein. Diese führt am rechten Ufer des Lej da San Murezz, wie es auf Rätoromanisch so schön heisst, in den Ortsteil St. Moritz Bad. Unterwegs sind die zahlreichen über dem See thronenden fünf Sterne Häuser zu erkennen, welche seit Jahrzehnten gut betuchte Gäste aus aller Welt beherbergen. Das PostAuto braus nun ohne Halt nach Champfèr.

Der Citaro K schleicht druch Sils Maria
Der Citaro K schleicht druch Sils Maria

Die Strasse führt nun am Ausläufer des Lej da Silvaplauna entlang in die gleichnamige Ortschaft. Seit dem Jahre 2018 entlastet eine Umfahrungsstrasse den engen Dorfkern vom Transitverkehr. Hier zweigt die Passstrasse zum Julierpass ab, welche über Bivio bis nach Chur führt und ebenfalls mit einer PostAuto-Linie erschlossen (90.182) ist. Kurze Zeit später wird die Hauptstrasse verlassen und der Linienbus tuckert durch den autofreien Dorfkern von Sils Maria. Segel, wie man auf Rhätoromanisch sagt, ist ein beliebter Ferienort und Ausgangspunkt von zahlreichen Wanderungen

Die Reise führt an drei wunderschönen Seen vorbei, wie hier am Silsersee in Plaun da Lej
Die Reise führt an drei wunderschönen Seen vorbei, wie hier am Silsersee in Plaun da Lej

wie zum Beispiel ins Val Fex. Demendsprechend viele Wanderer verlassen hier den Bus. Zurück auf der Maloja-Route führt die Reise am grössten der drei Seen entlang, dem Silsersee. Auf diesem verkehrt während den Sommermonaten seit 1908 ein Kursschiff. Es ist die einzige im Kanton Graubünden sowie die höchstgelegene Kursschifflinie von Europa (3940). Am westlichen Ufer schlängelt sich die Strasse nun zum Weiler Plaun da Lej. Während der ganzen Fahrt kann man einen malerischen Ausblick auf den tiefblauen See und die herrliche Landschaft geniessen. 

Der Iris Bus unterwegs als Kursverstärkung in Maloja
Der Iris Bus unterwegs als Kursverstärkung in Maloja

Am Ende des Sees befindet sich die Ortschaft Maloja mit dem gleichnamigen Alpenübergang. Zugegeben, von St. Moritz her ist es kaum zu glauben, dass es sich hier um einen Alpenpass handelt, denn es wurden gerade einmal 40 Höhenmeter bewältigt. Doch das ändert sich noch... Die Ortschaft Maloja zählt rund 300 Einwohner und gehört geografisch noch zum Oberengadin. Politisch gehört sie jedoch zur Gemeinde Bregaglia im Bergell. Aus diesem Grund wird auch der Schulunterricht zweisprachig, auf Italienisch und Deutsch, abgehalten. 

Ein neuer Mercedes Cintaro auf der Passhöhe
Ein neuer Mercedes Cintaro auf der Passhöhe

Nach einem kurzen Aufenthalt auf dem Postplatz wird anschliessend die 1`812 Meter hohe Passhöhe erreicht. Nun kann die spektakuläre Talfahrt hinunter ins Bergell beginnen. Auf den nächsten fünf Kilometern werden mehr als 350 Höhenmeter überwunden, dies geschieht mit Hilfe von 17 Haarnadelkurven. Das Kreuzen mit dem Gegenverkehr ist bei den etlichen Kehren nur schwer bzw. gar nicht möglich. Dementsprechend rege wird das Posthorn eingesetzt um den Gegenverkehr zu warnen. Doch leider nicht immer ganz erfolgreich. 

Der Low Entry Bus bewältigt gerade eine von total 17 Spitzkehren
Der Low Entry Bus bewältigt gerade eine von total 17 Spitzkehren

Und so muss der eine oder andere ungläubige Automobilist den Rückwärtsgang einlegen und dem vortrittsberechtigten PostAuto Platz machen. Unterwegs ergibt sich ein gigantischer Ausblick ins Val Bregaglia. Am Ende der kurvigen Strasse, welche das ganze Jahr über geöffnet ist und von der PostAuto Linie 4 befahren wird, befindet sich Casaccia. Das 60 Seelen Dorf bildet die erste Ortschaft des Bündner Südtals und gehört ebenfalls zur Grossgemeinde Bregaglia. Nach einer kurzen Verschnaufpause wird die Strasse wiederum kurvig und führt mit weiteren Spitzkehren nach Vicosoprano hinunter. 

Das PostAuto ist unterwegs am Malojapass
Das PostAuto ist unterwegs am Malojapass

Unterwegs passiert das PostAuto die Talstation der Luftseilbahn, die hoch zur Staumauer von Albigna führt. Diese dient nicht nur der Energie-Gewinnung sondern bewahrt das Bergell bei starken Regenfällen auch von Überschwemmungen. Unten im Talboden angekommen, verlässt der Linienbus die Malojapasstrasse und gelangt über den Zeltplatz in den engen Dorfkern von Vicosoprano. Hier wird, wie im ganzen Bergell, ein spezieller Dialekt gesprochen,  nämlich Bargaiot. Dieser stammt vom Lombardischen ab, ähnelt aber sehr stark dem Rätoromanischen. 

 

Ein Iris Crossway zwängt sich durch den engen Dorfkern
Ein Iris Crossway zwängt sich durch den engen Dorfkern

Auch in der darauf folgenden Ortschaft Borgonovo, wählt das Fahrzeug den beschwerlichen Weg durch das enge Dorfzentrum. Die alte Malojastrasse wurde seinerzeit nicht für so viel Verkehr und grosse Fahrzeug erbaut, dementsprechend bleiben nur wenige Zentimeter Platz zwischen den Rückspiegeln und den Hausfassaden. Dank der Umfahrungsstrasse muss sich jedoch nicht der ganze Verkehr durchs Dorf zwängen und so ist in der Regel wenigstens der Weg frei. Zurück auf der neuen Hauptstrasse tuckert der Bus weiter nach Stampa, von wo übrigens die bekannte Künstlerfamilie Giacometti stammt.

Auf der Pflastersteinstrasse geht's nach Promontogno
Auf der Pflastersteinstrasse geht's nach Promontogno

Die Reise führt weiter dem Mera Fluss entlang das romantische Bergell hinab. Vorbei an einem natürlichen Tunnel, der durch zwei gigantische Felsbrocken gebildet wird, bis nach Bondo. Am 23. August 2017 um 9.30 Uhr stürzten Gesteinsmassen vom Piz Cengalo zuhinterst im Val Bondasca ins Tal. Daraufhin folgte ein verheerender Murgang, der einen grossen Teil vom Dorf unter sich begrub. Die Spuren dieser Katastrophe sind auch heute noch gut zu erkennen. Über eine schmale Steinbrücke verlässt das PostAuto die Hauptstrasse und macht eine Stichfahrt in das von der Naturkatastrophe 

 

Ein neuer Citaro LE, das Stammfahrzeug auf der Bergell Linie, auf dem Postplatz von Promontogno
Ein neuer Citaro LE, das Stammfahrzeug auf der Bergell Linie, auf dem Postplatz von Promontogno

verschonte Nachbarsdorf Promontogno. Auf dem malerischen Dorfplatz besteht Anschluss auf die Linie 90.632, welche ins schmucke Bergdorf Soglio führt. Die hoch über dem Bergell thronende Ortschaft wurde 2015 als schönstes Dorf der Schweiz gekürt und ist auf jeden Fall einen Abstecher wert. Nach einem kurzen Aufenthalt führt die Reise nochmals an der Steinwüste von Bondo vorbei und dann weiter Richtung Süden nach Castasegnia, was übersetzt Kastanie heisst. Der Ortsnamen kommt nicht von irgendwo her, denn zwischen Stampa und der italienschen Grenze 

 

 

Kurzer Halt vor dem alten Zollgebäude von Castasegnia
Kurzer Halt vor dem alten Zollgebäude von Castasegnia

erstreckt sich einer der grössten Kastanien-Wälder Europas. Heute werden sie sogar ins Ausland exportiert, doch das war jedoch nicht immer so. Denn bis in die 1950 Jahre dienten sie der armen Bevölkerung vom Bergell als kalorienreiches Grundnahrungsmittel. Durch den wiederum engen Ortskern, der jedoch nur talwärts durchfahren wird, gelangt das PostAuto zum alten Schweizer Zoll. Hier sieht der Fahrplan nochmals eine kurze Reservezeit vor, bevor sich die Strasse hinunter zur Umfahrungsstrasse und dem neuen Grenzübergang windet.

Der Citaro LE passiert soeben den Grenzübergang
Der Citaro LE passiert soeben den Grenzübergang

So lässt der Linienbus die Eidgenossenschaft hinter sich und fährt auf italienischem Boden weiter. Da das PostAuto auch auf der anderen Seite der Landesgrenze für den öffentlichen Verkehr zuständig ist, werden ab hier italienische Tickets verkauft und die Dörfer mit mehreren Haltestellen bedient. Die Fahrt führt durchs Grenzdorf Villa di Chiavenna und dann immer weiter talauswärts. Vorbei an den Ortschaften Santa Croce und Borgonuovo nähert sich das Fahrzeug der Post nach 1 3/4 Stunden langsam dem Endpunkt der Reise, Chiavenna was übersetzt so viel wie Schlüssel heisst. 

Ein Citaro LE bei der Ortsdurchfahrt von Chiavenna
Ein Citaro LE bei der Ortsdurchfahrt von Chiavenna

Das Städtchen mit seinen 7`300 Einwohnern gehörte bis 1797 zu Graubünden. Die herrlichen Schlösser weisen auf den Reichtum dieser Stadt hin, den sie durch das Erheben von Zöllen am Maloja und Splügen erlangt haben. Kurz vor der Ankunft beim Bahnhof ergibt sich in Fahrtrichtung links ein kurzer Blick in die wunderschöne Altstadt von Chiavenna. Die Stadt ist bekannt für seine Crotti, das sind wunderschöne direkt in den Stein gemeisselte Keller, in denen noch heute Käse, Wurst und Wein gelagert wird. Kurze Zeit später ist bei der Haltestelle Chiavenna Stazione die Endstation erreicht.

 

Endstation Chiavenna Stazione
Endstation Chiavenna Stazione

Für das Schweizer PostAuto geht es nach einem 10 minütigen Aufenthalt dann wieder zurück ins Oberengadin. Dank dem Stundentakt kann man hier aber getrost aussteigen und durch die wunderschöne Altstadt mit ihren mittelalterlichen engen Gassen schlendern. Ein richtiger italienischer Espresso darf auf dem Stadtbummel natürlich auch nicht fehlen. Anschliessend kann man entweder wieder durchs Bergell zurück nach St. Moritz, mit dem italienischen Bus über den Splügenpass nach Splügen (90.561) oder mit dem Palm Express nach Lugano (90.631) reisen. 

Anschlusslinien:

90.631, Chiavenna - Lugano

90.561, Chiavenna-Splügenpass-Splügen

 

 


Last Update: 15.11.2023
Zuletzt gereist: 17.08.2023